‘‘Man spricht viel von Rhythmus. Ist man sich darüber klar, dass er nur dann entsteht, wenn zwei

Dinge aufeinandertreffen? Dass ein Einzelnes nicht schwingen kann? Hat man sich schon einmal

am Bilde eines Grashalms, der im Winde hin und her wiegt, klargemacht, dass der Rhythmus

nicht in dem Grashalm selbst steckt, ebensowenig wie er im Winde steckt, sondern dass er das

Zusammenspiel beider ist? Ist nicht gerade das schwingende Stimmband, durch das der Atem fährt,

das Wort, der Logos, das Gleichnis dafür?

Nun, so ist es auch mit dem Menschen. Die Lebensschwingung steckt nicht in ihm selbst. In ihm

selbst steckt der Tod. Das ist das Erbteil aller Kreatur. Die Schwingung kommt dann zustande,

wenn er sich, vom Urbild erregt, innerlich gelöst hält: dann schwingt er in jenem gemheimnisvollen

Fluidum, dessen Namen so zahllos sind, wie es Menschen und Gemeinschaften gibt.‘‘

 

Hugo Kükelhaus - Urzahl und Gebärde 1980   p.229