"Ein gewisser Schritt nach vorwärts ist im Grunde genommen nur gemacht worden, als Goethe
die alten Begriffe flüssig machte, als er dadurch etwas ganz neues brachte, das heute noch immer
nicht gewürdigt ist: dass er auf den Begriff selber die Metamorphose, die Verwandlungsfähigkeit
anwendete, so dass für ihn werden konnte der Begriff des Blattes in seiner Verwandlung zugleich
der Begriff der Blüte, der Frucht usw. Dieses Beweglichmachen des Begriffes, Beweglichmachen
der Vorstellung, so dass man dieselbe Vorstellung in der Seele abändert und mit ihr die mannigfaltigen
Erscheinungen der Natur, die ja auch in sich beweglich sind, mit einem in sich beweglichen Begriff,
einer in sich beweglichen Idee verfolgen kann, das ist in gewisser Beziehung etwas Neues, und das ist
dasjenige, was ich vor vielen Jahren genannt habe die Zentral-Entdeckung Goethes. Es ist etwas
wirklich Neues. Aber sie hat eine Fortsetzung erst gefunden in dem, was wir hier die Geisteswissenschaft
nennen, und erst dies Geisteswissenschaft kann der Menschheit wiederum neue Vorstellungen,
neue Begriffe bringen, durch die es möglich wird, in die Wirklichkeit ein- und in sie unterzutauchen."
Rudolf Steiner 5. Juni 1917
1922 3.Vortrag: Die Notwenigkeit neuer und beweglicher Begriffe p.3